Analytischer Bericht der Gemeinderatssitzungen Compte rendu analytique des séances du conseil communal No 8/2022 Sitzung vom / Séance du 09.12.2022
No 8/2022
Lydie Polfer (DP) Simone Beissel (DP) Serge Wilmes (CSV) Colette Mart (DP) COMPOSITION DU CONSEIL COMMUNAL Photos: Ville de Luxembourg / La La La Photo / Maison Moderne Maurice Bauer (CSV) Gabriel Boisante (LSAP) Cathy Fayot (LSAP) Tom Krieps (LSAP) Ana Correia Da Veiga (déi Lénk) Guy Foetz (déi Lénk) Roy Reding (adr) Paul Galles (CSV) Isabel Wiseler-Lima (CSV) Claudine Konsbruck (CSV) Elisabeth Margue (CSV) Claude Radoux (DP) Mathis Prost (DP) Jeff Wirtz (DP) Sylvia Camarda (DP) Héloïse Bock (DP) Patrick Goldschmidt (DP) Laurent Mosar (CSV) Linda Gaasch (Déi Gréng) François Benoy (Déi Gréng) Maria Eduarda De Macedo (Déi Gréng) Christa Brömmel (Déi Gréng) Claudie Reyland (Déi Gréng)
583 TAGESORDNUNG der Sitzung vom Freitag, dem 9. Dezember 2022 IN ÖFFENTLICHER SITZUNG Budgetdebatten: Diskussionsbeiträge der Gemeinderatsmitglieder (Seite 584)
584 DE SITZUNG VOM FREITAG, DEM 9. DEZEMBER 2022 In öffentlicher Sitzung FINANZEN DER STADT LUXEMBURG: DISKUSSIONSBEITRÄGE DER MITGLIEDER DES GEMEINDERATES Rätin Claudine KONSBRUCK (CSV): Zuerst möchte ich mich bei Frau Camarda für ihren mündlichen und schriftlichen Budgetbericht bedanken. Mein Dank geht auch an Finanzschöffe Mosar für seine Erklärungen, sowohl in der Finanzkommission als auch im Gemeinderat. Für mich sind es die elften Budgetdiskussionen im Gemeinderat der Stadt Luxemburg. Als ich die Debatten nachgelesen habe, die vor zehn oder elf Jahren in diesem Gremium geführt wurden, konnte ich feststellen, dass die Themen über die diskutiert wurde, bis heute quasi die gleichen geblieben sind: Mobilität, Wohnen, Sicherheit, Bürgerbeteiligung usw. Wir haben über Projekte diskutiert, die heute noch immer aktuell sind: Place de l’Etoile, Porte de Hollerich, Freibad. Im Gegensatz zum Projekt Freibad, konnten viele andere Projekte weiterentwickelt bzw. umgesetzt werden. Vor elf Jahren zählte die Stadt Luxemburg rund 97.000 Einwohner. Anfang des Jahres 2022 waren es 129.500 Einwohner. Ende des Jahres 2022 werden es voraussichtlich rund 133.000 Einwohner sein. Innerhalb von mehr oder weniger 10 Jahren ist die Bevölkerung um 30 Prozent gewachsen. Tag für Tag kommen 120.000 Pendler in die Stadt. Die Bevölkerung wächst rasant. Für die kommenden Jahre sind tausende Wohnungen geplant. Mit der Umsetzung der Teilbebauungspläne „Schéiss“, „Villeroy&Boch“, „Place de l’Etolie“, um nur diese zu nennen, werden viele neue Wohnungen geschaffen. Diese Zahlen machen die politisch Verantwortlichen stolz, doch eine wachsende Bevölkerung generiert auch Probleme, die im Alltag ihren Niederschlag finden: überlastete Straßen, Infrastrukturen wie Kinderkrippen, Schulfoyers/Schulen in denen es aufgrund steigender Nachfrage eng wird, die Kanalnetze kommen ins Alter, sie müssen nicht nur ersetzt, sondern auch ausgedehnt werden. Diese Arbeiten, die notwendig sind, generieren Baustellen in den Stadtteilen. Die Zahl der Stadt-Angestellten ist gewachsen, allerdings nicht im Verhältnis zum Bevölkerungswachstum, was dazu führt, dass unsere Dienststellen zum Teil mit Arbeit überlastet sind. Die Bevölkerung der Stadt Luxemburg wächst - und doch bleiben wir eine Hauptstadt von der Größe einer Provinzstadt, die nicht unendlich wachsen kann. Unsere Stadt ist Opfer ihres eigenen Erfolges. Dies wirft Fragen auf: Wie viel wollen, können wir noch wachsen? Wie ließe sich gegebenenfalls ein weiteres Wachstum bremsen? Hinzu kommt, dass die administrativen Mühlen langsam mahlen. Vom Votum im Gemeinderat bis zur Umsetzung eines Projektes vergehen oft viele Jahre. Dies ist nicht immer der Stadt Luxemburg geschuldet. Wir alle wissen um die Abhängigkeit von anderen Instanzen. Viele Projekte gehen nicht voran, weil bei Ministerien beantragte Genehmigungen auf sich warten lassen. Wir leben in einem Rechtsstaat, in dem jeder eine Entscheidung gerichtlich anfechten kann. Es gibt nicht genügend Handwerksbetriebe und Fachkräfte auf dem Markt. Es kommt zu Verzögerungen auf Baustellen, weil historische Funde zum Vorschein kommen, die zuerst gesichert werden müssen. Prozeduren sind kompliziert und langwierig. Fakt ist, dass es bis zur Umsetzung eines Projektes oft lange dauert, oft länger als in Städten in Nachbarländern. Es sind dies keine besonders guten Prämissen, damit unsere Stadt schnell und effizient wachsen kann. Selbstverständlich begrüßen wir, dass die Investitionen weiterhin auf einem hohen Niveau bleiben werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Stadt Luxemburg nicht öfters Projekte an externe Unternehmen auslagern sollte, was vielleicht eine schnellere Umsetzung ermöglichen könnte. Der Ausländeranteil an der Bevölkerung der Stadt Luxemburg liegt bei 70 Prozent. In unserer Stadt leben Menschen aus 167 Nationen. Es gibt eine große kulturelle Vielfalt und wir haben ein gutes Zusammenleben. Es ist dies eine sehr positive Bilanz, für die der Schöffenrat Anerkennung verdient. Die Integration der ausländischen Mitbürger in unsere Gesellschaft ist eine Success-Story. Das von der Stadt Luxemburg gewählte „Multiplicity-Logo“ spiegelt die Realität gut wider. Der Kultur kommt eine wichtige Bedeutung in einer multikulturellen Gesellschaft zu. Das kulturelle Angebot in der Hauptstadt ist vielfältig. In den Theatern werden Aufführungen in drei Sprachen angeboten. Wir haben Künstler, die aus der ganzen Welt kommen. Es finden internationale Festivals statt, die von der Stadt Luxemburg unterstützt werden. Wir begrüßen, dass die Beträge zur Unterstützung dieser Festivals im Budgetentwurf 2023 erhöht wurden. Kultur muss weiterhin ein wichtiger Budgetposten bleiben und die Kulturhäuser auch fortan unterstützt werden. Sie haben unter der Pandemie gelitten und ihre vorherige Besucherzahl noch nicht wieder erreicht. Unsere Kulturhäuser spielen zudem die Rolle eines wichtigen urbanen Magneten. Die Publikation « Eco News » unterstreicht: „Le musée, moteur de la ville“. Es wird berichtet über die Anstrengungen mancher Städte, in denen die Gemeindeverantwortlichen versuchen, Stadtkerne zu dynamisieren, indem sie neue Kulturinstitute in die Stadtzentren bringen. Es ist dies eine Piste, die es weiter zu entwickeln gilt. Vor dem Hintergrund, dass viele Geschäfte in der Oberstadt und im Bahnhofsviertel schließen, müssen wir die Stadt neu erfinden. Im Budget 2023 sind Gelder zur Einrichtung und Verwaltung einer Beobachtungsstelle für den Handel eingeschrieben, deren Aufgabe es ist, die wirtschaftliche und kommerzielle Entwicklung des Stadtzentrums und der Stadtteile zu analysieren und zu überwachen. Es wäre wichtig zu analysieren, warum Geschäfte unseren Stadtkern verlassen, um sich auf der grünen Wiese, z.B. im Einkaufszentrum im „Ban de Gasperich“ niederzulassen. Die Bilanz der Initiative „Pop-up-Stores“ fällt positiv aus. Die Stadt Luxemburg unternimmt große Anstrengungen, damit diese zeitweiligen Läden in der Stadt öffnen können. Will der Schöffenrat diese Initiative weiter ausbauen? Eine andere Möglichkeit könnte darin bestehen, mehrere Pop-up-Stores in einem Lokal, das sie gemeinsam mieten, zusammenzubringen. Welches sind die Vorstellungen des Schöffenrates? Lediglich zwei Mitglieder unseres Gemeinderates haben einen nicht-luxemburgischen Pass. Wissend um den hohen Ausländeranteil in der Bevölkerung der Hauptstadt, haben wir es mit einem starken demokratischen Defizit zu tun, weshalb den nächsten Gemeindewahlen eine wichtige Bedeutung zukommt. Welches sind die Initiativen der Stadt, um die größtmögliche Zahl an ausländischen Bürgern zu mobilisieren, sich in die Wählerlisten einzuschreiben bzw. sich wählen zu lassen? Die Gemeinderatssitzungen dauern oft mehr als fünf Stunden. Die Diskussionen sind oft, jedoch nicht immer interessant. Oft werden Aussagen wiederholt. Es wäre in unserem Interesse und im Interesse der Bürger, welche die Sitzungen via Streaming verfolgen, unsere Diskussionen kürzer und bündiger zu halten. Sollten wir uns nicht ein Beispiel an der Abgeordnetenkammer nehmen, um auch im Gemeinderat eine begrenzte Redezeit für die einzelnen Fraktionen einzuführen? Unsere Sitzungen sind oft sehr lang. Die Journalisten, die uns zuhören, sind nicht zu beneiden. Ob viele Bürger uns zuhören, wage ich zu bezweifeln. Die Einführung einer begrenzten Redezeit für die Fraktionen könnte uns vielleicht eine größere Zuhörerschaft bescheren.
585 DE SITZUNG VOM FREITAG, DEM 9. DEZEMBER 2022 Das Thema „Sicherheit“ ist nach wie vor akut und wird jedes Jahr angesprochen. Die Gemeinde hat eine wichtige Rolle im Bereich der Prävention zu spielen. Sie hat ihre Verantwortung übernommen und hat viel Anstrengungen in diesem Bereich unternommen. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen. Das Sozialbudget der Stadt Luxemburg wird verdoppelt. Ich war froh zu hören, dass die Stadt im kommenden Jahr wieder auf eine private Sicherheitsfirma zurückgreifen will, deren Agenten in Stadtteilen unterwegs sein werden, die als problematischer gelten, und die dort Präsenz markieren werden. Die Überwachungskameras sind ein weiterer Dauerbrenner. Gibt es Neuigkeiten seitens des Ministeriums zu vermelden? Überwachungskameras sind kein Allheilmittel und dennoch helfen sie, parallel zu anderen Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, Situationen punktuell tzu entspannen. Wir erleben schwere Zeiten: auf die Pandemiekrise folgt die Energiekrise. Die Stadt Luxemburg steht vor großen Herausforderungen. Der Budgetentwurf 2023 ist ausgeglichen. Unsere Fraktion wird den Budgetentwurf 2023 mittragen. Rat François BENOY (déi gréng): Die Stadt Luxemburg wächst und sieht sich großen Herausforderungen gegenübergestellt, die es anzugehen gilt. Die Energiekrise und die zunehmend trockenen Sommer unterstreichen die Notwendigkeit in Richtung Klimaneutralität zu gehen und auf allen Ebenen nachhaltig zu handeln. Radfahren in unserer Stadt ist nicht sicher und auch die Fußgänger haben es nicht leicht. Weil es auf unseren Straßen zu gefährlich ist, können Kinder nicht alleine zu Fuß zur Schule gehen. Wir müssen eine bequeme und effiziente Mobilität, die den Fußgänger und den Radfahrer in den Mittelpunkt stellt, zu unserer Priorität machen. Wohnen in der Stadt Luxemburg ist zu einem Privileg geworden. Wir alle kennen Menschen, die lange Jahre hier gewohnt haben und sich nun keine Wohnung mehr in der Stadt leisten können. Dies ist für déi gréng eine untragbare Situation. Wir müssen alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um mehr Wohnungen in der Hauptstadt zu schaffen. Nur die Hälfte der in der Stadt Luxemburg wohnenden Kinder besucht unsere öffentliche Schule. Auch dies ist eine Situation, die wir nicht hinnehmen können. Ich erlebe in meinem Wohnviertel, dass immer mehr Familien ihre Kinder nicht in eine öffentliche Schule einschreiben, weil hier nicht die nötige Betreuung und Sicherheit geboten wird. Wir alle wissen, wie wichtig es für die soziale Durchmischung und für die Chancengleichheit aller Kinder ist, dass Familien ihre Kinder mit einem guten Gefühl in die öffentliche Schule einschreiben können. In der Schulpolitik schöpft die Stadt Luxemburg nicht alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten aus. Der Anteil der luxemburgischen Bürger an der Bevölkerung der Stadt liegt bei 30 Prozent, der Anteil der ausländischen Bürger liegt demnach bei 70 Prozent. Der hohe Ausländeranteil an unserer Bevölkerung stellt eine Bereicherung dar. Lediglich 29 Prozent der ausländischen Mitbürger haben sich in die Wählerlisten eingetragen. Wir haben demnach ein großes demokratisches Defizit und müssen ein Maximum tun, damit die ausländischen Mitbürger sich in die Wählerlisten einschreiben. Mit den Einschreibungen allein werden wir das demokratische Defizit jedoch nicht auffangen. Wir brauchen ein neues Verständnis von Bürgerbeteiligung und eine neue Kultur der Bürgerbeteiligung. In den vergangenen Jahren wurde die Stadt Luxemburg nur verwaltet. Ich möchte unterstreichen, dass nicht alles schlecht gelaufen ist. déi gréng haben eine Reihe von Entscheidungen mitgetragen, doch müssen wir feststellen, dass die großen und dringlichen Herausforderungen nicht angegangen wurden, weshalb wir den Budgetentwurf 2023 nicht mittragen werden. Der Budgetentwurf ist nicht proaktiv, gibt keine Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft, richtet die Prioritäten nicht an diesen Herausforderungen aus. Dem amtierenden Schöffenrat fehlt es am notwendigen politischen Mut, um die sich stellenden Herausforderungen anzugehen. Es kann nicht sein, dass sich die Stadt Luxemburg im Schneckentempo und mit den falschen Prioritäten weiterentwickelt. In der Schöffenratserklärung aus dem Jahre 2017 hat die DP-CSV-Majorität versprochen, die großen Herausforderungen in den Bereichen Urbanismus, Mobilität, Bildung und Umwelt anzugehen. Heute müssen wir feststellen, dass sie diesem Anspruch nicht gerecht geworden ist. Die Bilanz ist mager. Der Budgetbericht spiegelt diese magere Bilanz wider. In keinem der genannten Bereiche steht die Stadt Luxemburg heute besser als 2017 da. Bevor ich die magere Bilanz des Schöffenrates näher unter die Lupe nehmen werde, möchte ich Rätin Camarda für ihren Budgetbericht danken, sowie auch allen, die an der Erstellung des Budgets beteiligt waren. Der Budgetbericht blickt auf die Mandatsjahre der jetzigen Majorität zurück. Leider ist es ein relativ unpolitischer Bericht. Es fehlen Überlegungen über die Herausforderungen, die sich für die Stadt stellen, und darüber, wie diese Herausforderungen angegangen werden sollen. Prioritäten werden keine gesetzt. Der Budgetentwurf 2023 sieht ein Defizit vor und erneut stellen wir eine große Diskrepanz zwischen dem Budgetentwurf 2022 und dem rektifizierten Budget 2022, sowie zwischen dem Budget 2021, dem rektifizierten Budget 2021 und den Konten 2021 fest. Ein Déjà-vu-Effekt stellt sich auch bei den Erklärungen ein, warum dem so ist. Wir hören, dass die Dienststellen und die Unternehmen mit der Arbeit nicht nachkommen, die Prozeduren zu langatmig sind, usw. Allerdings erhalten wir auch keine Antwort darauf, was die Gemeinde tun könnte, um diese Probleme besser angehen zu können. Es ist kein Geheimnis, dass viele Dienststellen in Bezug auf die personellen Ressourcen am Limit funktionieren, insbesondere Dienststellen, die sich den großen Herausforderungen Wohnen und Klima – um nur diese zu nennen – gegenübergestellt sehen. Wir meinen, dass die Dienststellen besser aufgestellt werden müssen. Außerdem fehlt es an den nötigen Ambitionen, um die wirklich wichtigen Projekte (Wohnungen, Schulen, Schulfoyers, Stadtteilentwicklung) weiterzuentwickeln. Der Bereich Mobilität nimmt eine Schlüsselstellung ein. Menschen bewegen sich von A nach B. Mobilität beinhaltet auch Fragen wie: Wie kann der zur Verfügung stehende Raum anders genutzt, wie können Leben und Begegnung im Stadtteil revalorisiert werden? Wie gestalten wir den Prozess der Klimaanpassung? Wie können Stadtteile grüner gestaltet werden? Wie kann Klimaschutz gefördert werden? Und auch hier müssen wir leider feststellen, dass sich die Stadt Luxemburg nicht in Richtung einer sichereren und besseren Mobilität aufstellt. Der Mobilitätsplan der Stadt Luxemburg lässt immer noch auf sich warten. Es werden keine klaren Prioritäten gesetzt. Es macht sich Enttäuschung darüber breit, dass es nicht wie gewünscht vorangeht und die Weichen nicht so gestellt werden, wie sie eigentlich gestellt werden müssten. Die Trambahn hat einen positiven Impakt, doch die Herausforderungen im Bereich der Mobilität bleiben riesig. Der nationale Mobilitätsplan sagt 40% mehr Verkehrsbewegungen bis 2035 voraus. Da ist vorauszusehen, dass wir noch tiefer im Verkehrschaos untergehen werden, wenn wir nicht weiter konsequent auf die Trambahn und parallel dazu auf den Radverkehr setzen. Der nationale Mobilitätsplan weist klar auf, dass die Hälfte aller Verkehrsbewegungen, vor allem auf kurzen Strecken, immer noch mit dem Auto zurückgelegt wird. Wenn wir erreichen wollen, dass die Bürger auf das Rad umsteigen oder zu Fuß gehen, müssen wir auch dafür Sorge tragen, dass die Radwege sicher sind, die Stadtteile verkehrsberuhigt werden, mit genügend Raum für die Radfahrer und Fußgänger. Damit schaffen
586 DE SITZUNG VOM FREITAG, DEM 9. DEZEMBER 2022 wir auch Möglichkeiten für eine stärkere Begrünung der Stadtteile und das Anlegen neuer Begegnungsplätze. In den vergangenen Jahren ist der Schöffenrat genau diese Herausforderung nicht angegangen. In der Rue Gellé in Bonneweg wurden im Bereich der Schule, wo sich auch Geschäfte und Restaurants befinden, keine verkehrsberuhigenden Maßnahmen getroffen. Der DP-CSVMajorität ist es nicht gelungen, für mehr Sicherheit im Bereich der Schule zu sorgen, bessere Radwege anzulegen, mehr Platz für Terrassen zu schaffen, mehr zu begrünen. Nach einer schlecht organisierten Bürgerbeteiligung wird stattdessen alles wieder in den vorherigen Zustand zurückversetzt, dies zu einem Kostenpunkt von rund 2 Millionen Euro. Und der Clou: Statt den Schulhof zu revalorisieren und mehr Grünflächen anzulegen, verschwindet eine Grünfläche im Umfeld der Schule und wird durch einen Plastikbelag ersetzt. Die darauf installierten Spielgeräte braucht niemand. In der Avenue Pasteur gab es schöne Terrassen und Bäume. Es hätte die Gelegenheit genutzt werden können, dort eine Begegnungszone zu schaffen. Stattdessen wurden Bäume gefällt und es gibt weniger Terrassen. Es wurde eine schlechte Fahrradinfrastruktur geschaffen. Statt es von Anfang an richtig zu machen, wird nun herumgebastelt. Für den Stadtteil Hollerich hatten déi gréng eine Motion im Sinne einer Förderung des sanften Verkehrs eingereicht. Doch auch hier sieht die Stadt Luxemburg keine Änderungen vor. In den letzten Jahren haben déi gréng immer wieder Motionen zur Revalorisierung des öffentlichen Raumes, u.a. im Stadtzentrum (Rue Notre-Dame, Rue des Bains, Rue du Fossé), eingereicht. Es mag wohl die eine oder andere Verbesserung gegeben haben, doch nicht systematisch. Das Gleiche gilt für das Bahnhofsviertel. In einer Motion haben wir eine Verkehrsanalyse für das ganze Viertel gefordert. Diese Motion wurde bisher nicht in der zuständigen beratenden Kommission diskutiert. déi gréng haben konkrete Vorschläge für das Anlegen eines sicheren Radstraßennetzes auf dem Territorium der Stadt Luxemburg vorgelegt. Der Schöffenrat hat wohl die eine oder andere Radstraße ausgewiesen, ohne dass diese jedoch für den Radfahrer mehr Sicherheit bringen. Es wurde viel auf die Fahrbahn gemalt. Wir dagegen haben konkrete Verbesserungsvorschläge unterbreitet. Auf Antworten des Schöffenrates, inwiefern er bereit ist, mit auf den Weg zur Umsetzung unserer Vorschläge zu gehen, warten wir bisher vergeblich. Angesichts der prognostizierten Verkehrsbewegungen kommt dem Ausbau der Trambahnstrecke eine große Bedeutung zu – auch im Bereich der Avenue de la Porte-Neuve und des Bd. Royal. Parallel dazu gilt es einen sicheren Radweg zu schaffen. Unserer Ansicht nach stellt ein Radweg durch den Park keine optimale Lösung dar. Auch wenn im Park verschiedene Wege nur für Radfahrer, andere nur für Fußgänger und wiederum andere zur gemeinsamen Nutzung ausgewiesen wurden, geht das Konzept nicht auf. Es schafft Konfliktpotenzial zwischen Radfahrern und Fußgängern. In der Avenue de la Porte-Neuve stünde der nötige Raum zur Schaffung eines Radweges zur Verfügung. Es fehlt jedoch der politische Wille des Schöffenrates, um die richtigen Prioritäten zu setzen. Auch andere innovative Lösungen müssen weitergedacht werden. Das Carsharing-Projekt wurde wohl ausgebaut, doch wurde es verpasst, eine anständige Kommunikationsstrategie zu lancieren. Was nützt ein Ausbau des Carloh-Projektes, wenn die Bürger das Angebot nicht kennen? Auch das Radverleihsystem wird vernachlässigt. Es wird bisher kein Cargo-Bike-Verleih angeboten. Was die Elektromobilität angeht, zeigt der Schöffenrat mit dem Finger auf die Regierung, statt seine eigene Verantwortung zu übernehmen. Eine zukunftsfähige Stadt muss den Mut aufbringen, in der Elektromobilität die richtigen Prioritäten zu setzen. Sie ist das A und O, um in Zukunft mehr Lebensqualität zu garantieren. Auch wenn mittlerweile jeder das dringliche Problem des Klimawandels und der Energienotstands anerkennt, können wir nicht erkennen, dass der Schöffenrat diese Probleme ernst nimmt. In einer LIST-Studie über die klimaökologische Situation in Luxemburg wird der Stadt Luxemburg eine schlechte Note ausgestellt: Die Situation wird als ungünstig bis sehr ungünstig eingestuft. Die DP-CSV-Majorität hat diese Problematik nicht auf dem Radar. Man kann nicht erkennen, dass zusätzliches Grün im urbanen Raum geschaffen wird. Seit Jahren fordern déi gréng eine Klimaanpassungsstrategie. Pflanzen in einer Stadt helfen die Umgebungstemperatur um 2 bis 3 Grad zu reduzieren. Der Naturpakt ist vor anderthalb Jahren in der Abgeordnetenkammer verabschiedet worden, doch in der Stadt Luxemburg ist vom einem Naturpakt bisher nicht die Rede. Der Bericht 2021/2022 des Umweltaktionsplans der Stadt Luxemburg lässt auf sich warten. Der Umweltaktionsplan 2023 wurde noch nicht vorgelegt. Es gab keine Sitzungen des Klimateams, keine Aktualisierung des Leitbilds und keine Aktualisierung der Abfallpolitik. Vor einigen Jahren haben déi gréng eine Motion mit konkreten Vorschlägen zur Erreichung des Null-Abfallzieles vorgelegt. Einzig der Forderung nach einer Subsidienpolitik wurde Rechnung getragen – eine gute Maßnahme, doch wird damit weder die Biodiversität, noch das Klima gerettet. Im Vergleich zu anderen Gemeinden des Landes erreicht die Stadt Luxemburg in Bezug auf die Klimazertifizierung lediglich das Mittelfeld. déi gréng fordern einen Klimaneutralitätsplan, damit wir das Ziel der Klimaneutralität in zehn bis 20 Jahren erreichen können. Wir brauchen mehr Begrünung im urbanen Raum, Energieeffizienz, Photovoltaikanlagen auf allen Dächern, eine Kreiswirtschaft, die bis in alle Politikfelder hinunterdekliniert ist. Seit langem fordern wir ein Gas-Phaseout. Doch auch hier heißt es, „business as usual“ und die Stadt baut weiterhin Gasheizungen ein. Die Energiesanierung der 600 stadteigenen Gebäude schreitet auch nicht richtig voran. Bei energetischen Haussanierungen können die Bürger wohl Subventionen beantragen, doch wenn unsere Reglements es nicht hergeben, können die Bürger den Weg der energetischen Sanierung nicht gehen. Der vom Schöffenrat vorgelegte Sparplan, den wir bereits im Juli gefordert hatten, ist an sich gut. déi gréng haben eine Motion eingereicht, um Informationen über die Anwendung dieses Planes zu erhalten. Wir warten auf diese Informationen. Wir haben eine Wohnungskrise. Viele Menschen können sich eine Wohnung in der Stadt Luxemburg nicht mehr leisten. In der Schöffenratserklärung hatten die Stadtverantwortlichen Wohnungen vor allem für junge Haushalte und den Erhalt einer guten sozialen und generationellen Durchmischung als absolute Priorität angekündigt. In meinem Alltag erlebe ich jedoch, dass junge Familien aus der Stadt wegziehen, weil sie sich hier keine Wohnung mehr leisten können. Der Anteil an kommunalen Sozialwohnungen in der Stadt Luxemburg liegt bei 2,3 Prozent. Damit liegen wir weit unterhalb des europäischen Durchschnitts. Wir müssen dringend massiv erschwinglichen Wohnraum schaffen, verfügbare kommunale Grundstücke schneller mobilisieren und alternative Wohnformen fördern. Die Stadt Luxemburg muss proaktiver werden und alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen. Der Flächennutzungsplan der Stadt Luxemburg hat noch großes Mobilisierungspotenzial. Rechnen wir das 550 Hektar große Verdichtungspotenzial hoch, ergibt dies Wohnraum für 65.000 Einwohner. 117 Hektar sind sofort bebaubar. Auf diesen Grundstücken könnte Wohnraum für 10.000 Einwohner entstehen. déi gréng haben konkrete Vorschläge zur Mobilisierung genannter Flächen vorgelegt: eine Erhöhung des Grundsteuersatzes B6, einen Ausbau der Zusammenarbeit mit der „Agence immobilière sociale“. Der Schöffenrat hat keinem dieser Vorschläge Rechnung
587 DE SITZUNG VOM FREITAG, DEM 9. DEZEMBER 2022 getragen. Das partizipative Wohnen ist für déi gréng eine Herzensangelegenheit. Die erste im Jahr 2017 erfolgte Ausschreibung kannte einen großen Erfolg. Im Jahr 2019 hat der Gemeinderat einer von mir eingereichten Motion, mit dem Appell, weitere partizipative Wohnprojekte auf den Weg zu bringen, gutgeheißen. Drei Jahre sind seither vergangen. Die anfängliche Dynamik wurde nicht genutzt und der Schöffenrat hat es verpasst, ein weiteres partizipatives Wohnprojekt zu lancieren. Am 18. April 2022 hatte ich diesbezüglich eine Frage eingereicht, die bisher nicht auf der Tagesordnung stand. Teilbebauungspläne werden nicht konsequent weitergetrieben. Die Pläne für das Bebauungsprojekt „Route d’Arlon“ liegen auf dem Tisch, doch wurde nicht viel unternommen, um die Umsetzung des Projektes voranzutreiben. Nationale Instrumente, wie der Wohnungsbaupakt 2.0 mit seinem Artikel 29bis, der es erlaubt, dass Gemeinden massiv öffentlichen Wohnraum erwerben können, sieht der Schöffenrat eher als Bremse an statt als Chance. Der PAL (Programme d’action local logement) hätte eigentlich 2022 vorgelegt werden müssen, liegt aber nach wie vor nicht vor. Das Ziel muss eine Verdopplung der Zahl der erschwinglichen Wohnungen in der Stadt Luxemburg sein. Wir müssen unsere Dienststellen dehalb besser aufstellen und alle relevanten Akteure mobilisieren, um mehr öffentlichen und privaten Wohnraum zu schaffen. Für déi gréng liegt die absolute Priorität auf der Schaffung von öffentlichem Wohnraum, der in öffentlicher Hand bleiben muss, und insbesondere auf der Schaffung von öffentlichen Mietwohnungen. Lediglich die Hälfte aller in der Stadt Luxemburg wohnenden Kinder im Grundschulalter besucht eine öffentliche Schule. Es ist dies eine Entwicklung, die wir nicht hinnehmen können. Wir brauchen eine soziale Durchmischung in den Schulen, um Chancengleichheit garantieren zu können. Unsere Schulen müssen daher attraktiver werden und die Stadt Luxemburg muss alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um dies zu erreichen. Schule und Betreuungsstrukturen müssen Hand in Hand gehen. Vor Ort erleben wir jedoch, dass sie eher parallel funktionieren. Es braucht eine hohe Qualität in den Betreuungsstrukturen sowie ein Angebot, das sich an den Bedürfnissen der Familien ausrichtet. Wir müssen leider feststellen, dass Schule und Schulfoyer nicht genügend zusammenarbeiten. Es fehlt an Infrastrukturen. Das den Kindern in der Mittagsstunde gereichte Essen ist verbesserungswürdig. Es werden politisch falsche Entscheidungen getroffen, die eine Reihe von Schulen in ein schlechtes Licht rücken. Dies alles führt zu einer Stigmatisierung und mündet in eine Abwärtsspirale: Immer mehr Eltern entscheiden sich gegen die öffentliche Grundschule. Jedes Jahr stellen wir fest, dass weniger Lehrpersonal kandidiert, um in den Grundschulen der Stadt Luxemburg zu arbeiten. Es gilt diesen Trend mit Hilfe einer proaktiven Politik umzukehren. Es braucht eine Zielsetzung, eine Strategie, um die Attraktivität unserer öffentlichen Schule zu verbessern. Hierzu gehört, dass Infrastrukturen an die Bedürfnisse angepasst werden, die Eltern eingebunden werden und vor allem, dass man sich das richtige Leitbild für Schule und Schulfoyer im Sinne einer besseren Zusammenarbeit gibt. Es braucht ein Leitbild, an dessen Erarbeitung alle betroffenen Akteure beteiligt sind. Es braucht Qualitätsstandards und ein Aktivitätsprogramm, damit die Kinder regelmäßig Aktivitäten im Wald haben und Theatererfahrungen sammeln können. Es sollte Anti-Mobbingprogramme geben. In allen Schulen und Schulfoyers sollten regelmäßig Elternabende stattfinden, Feste organisiert werden, zu denen die Familien der Kinder eingeladen werden. Ein solches Leitbild fehlt bis heute. Das Stundenkontingent muss so angepasst werden, dass genügend Mittel (Förderkurse, kleinere Klassen, etc.) zur Verfügung stehen, um zu gewährleisten, dass vor allem schwache Schüler den schulischen Anschluss nicht verpassen. Das Gleiche gilt für die Schulfoyers. In diesem Zusammenhang möchte ich erneut unser Bedauern darüber zum Ausdruck bringen, dass die DP-CSV-Majorität das Projekt einer Ganztagsschule hat fallenlassen. Am Ende der Mandatsperiode des amtierenden Schöffenrates haben wir einen Punkt erreicht, wo ein solches Projekt wieder von Null aufgebaut werden muss. Die Infrastrukturen halten nicht mit der Entwicklung unserer Schulen Schritt. In verschiedenen Stadtteilen stoßen die Infrastrukturen der Schulfoyers an ihre Grenzen. Die Kinder müssen in der Mittagsstunde mit dem Schultransport von der Schule ins Schulfoyer gefahren werden. Wir können nicht nachvollziehen, dass neue Wohnviertel entstehen - z.B. das Viertel „Nei Hollerech“ -, ohne dass Schul- und Foyerstrukturen miteingeplant werden. Mit einem räumlichen Zusammenrücken von Schule und Schulfoyer, einer Ganztagsschule, könnten die Infrastrukturen effizienter genutzt werden, was auch dem Leben im Stadtteil und der sozialen Integration und Kohäsion zuträglich wäre. Es ist bedauerlich, dass viele Schulhöfe Betonwüsten ähneln, z.B. in den Stadteilen Neudorf, Gare, Cessingen, Gasperich, Merl und Kiem. Einige Bodenmalereien, Hüpfkissen oder Fußballtore reichen nicht aus. Es sollten partizipative Projekte zur Revalorisierung von Schulhöfen lanciert werden. Im Budgetentwurf sind einige hunderttausend Euro zur Gestaltung von Schulhöfen und kleinen Spielplätzen vorgesehen. Zur Neugestaltung von großen Spielplätzen sind wesentlich mehr Gelder eingeschrieben. Selbstverständlich unterstützen wir die Neugestaltung der großen Spielplätze, doch kann es nicht sein, dass Schulhöfe und Spielplätze in den Stadtteilen vernachlässigt werden und keine Maßnahmen im Sinne einer Klimaanpassung ergriffen werden. Auch reicht es nicht aus, nach den Sommerferien einige Schilder aufzustellen, um die Autofahrer darauf aufmerksam zu machen, dass die Schule wieder anfängt. Eine Analyse der Verkehrssituation im Umfeld der Schulen ist erforderlich. Gefahrenpunkte sollen identifiziert werden, um sie entschärfen zu können. Für jeden Stadtteil sollte ein Kinderverkehrsplan erstellt werden. Im Umfeld von Schulen sollten Begegnungszonen ausgewiesen werden. Es braucht bauliche Maßnahmen, um den Transitverkehr aus den Stadteilen zu verdrängen. Im direkten Bereich von Schulen sollten Parkplätze gestrichen und stattdessen Radstellplätze installiert und breite Bürgersteige gebaut werden. In anderen Städten, wie z.B. in Paris, werden solche Maßnahmen bereits systematisch in den Stadtteilen ergriffen. Der hohe Ausländeranteil an unserer Bevölkerung ist eine Bereicherung und eine Chance für unsere Stadt. Es sind jedoch knapp 30 Prozent der wahlberechtigen ausländischen Mitbürger, die sich bisher in die Wählerlisten eingeschrieben haben. Wir müssen unser Bestmöglichstes geben, um zu erreichen, dass mehr ausländische Mitbürger sich in unsere Wählerlisten eintragen. Uns ist jedoch auch bewusst, dass, so gut die Sensibilisierungskampagne auch laufen mag, wir das demokratische Defizit nicht werden auffangen können, weshalb wir alle Bürger, unabhängig davon, ob sie wählen gehen oder nicht, in die politischen Entscheidungen einbinden müssen, um dieses Ungleichgewicht aufzufangen. Wir brauchen demnach eine ambitiöse Bürgerbeteiligungspolitik. In der Stadt Luxemburg funktioniert diese derzeit nur halbherzig. Es sollte eine zentrale Koordinationsstelle geschaffen werden, damit Bürgerbeteiligung bei allen Projekten mitgedacht und die Bürgerbeteiligung mit Hilfe einer Gesamtstrategie transversal weiterentwickelt wird. Unter dem vorangehenden Schöffenrat war ein Bürgerbudget eingerichtet worden. Dieses Projekt war sicherlich nicht perfekt. Doch statt das Projekt weiterzuentwickeln, wurde es vom amtierenden Schöffenrat einfach fallengelassen. Wir leugnen nicht, dass sich an verschiedenen Standorten Sicherheitsprobleme stellen. déi gréng nehmen die Problematik sehr ernst und wir sagen deutlich, dass die Polizei ihre Verantwortung übernehmen muss. In den vergangenen Jahren wurde das Personal der Polizei aufgestockt. Allein im
588 DE SITZUNG VOM FREITAG, DEM 9. DEZEMBER 2022 Bahnhofsviertel sind 20 zusätzliche Polizisten eingesetzt worden. Landesweit sollen 600 zusätzliche Polizisten einstellt werden. Die Gesetze wurden angepasst, um der Polizei mehr Mittel (Visupol, „garantie d’accès“) zur Verfügung stellen zu können. Das Problem, das sich im Bahnhofsviertel stellt, wird sich jedoch nicht allein durch Polizeipräsenz lösen lassen und schon gar nicht mit einem Rückgriff auf die Dienstleistungen einer privaten Sicherheitsfirma, deren Mitarbeiter von Gesetzes wegen nicht im öffentlichen Raum patrouillieren dürfen. Ich bin schockiert, dass sich die DP-CSV-Majorität einfach über ein Gesetz hinwegsetzt und im Budgetentwurf 2023 Gelder für Dienstleistungen einer privaten Sicherheitsfirma vorsieht. Bei einem derart ernsten Thema sollte nicht mit der Angst der Bürger gespielt werden. Es sollte sachlich an die Problematik herangegangen werden, statt zu polemisieren und weiter Öl ins Feuer zu gießen. Die Stadt Luxemburg sollte die ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, statt einen ohnehin explosiven Cocktail weiter zu befeuern. Um das Problem seriös anzugehen, braucht es auch eine bessere Präventionspolitik. déi gréng fordern seit Langem einen Ausbau der Strukturen für Drogenkranke und für Menschen, die auf der Straße leben. Es braucht nicht nur eine Frauenstruktur. Die Hilfsstrukturen im Umfeld des Abrigado müssen dezentralisiert und besser aufgestellt werden. Das „Housing First“-Angebot muss massiv ausgedehnt werden. Ich kann nicht erkennen, dass die Stadt Luxemburg die nötigen Anstrengungen unternimmt, um die von mir genannten Herausforderungen konkret und so schnell wie möglich voranzutreiben. Ich höre, dass die Stadt die Notwendigkeit zur Einrichtung einer spezifischen Frauenstruktur eingesehen hat und ihre Unterstützung anbietet. Ich sehe jedoch nicht, inwiefern sich die Stadt Luxemburg sich für die Renovierung des Abrigado einsetzt. Es braucht dezentralisierte Strukturen, um die Klienten in spezifischere Zielgruppen aufteilen zu können und eine explosive Atmosphäre zu verhindern. déi gréng haben Motionen eingereicht, in denen sie konkrete Vorschläge vorgebracht haben. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch die Implementierung einer besseren Urbanismuspolitik und ein weiterer Ausbau der Sozialarbeit. Die Problematik im Bahnhofsviertel lässt sich nicht mit Polemik und einfachen Antworten auf die Probleme in den Griff bekommen. Es braucht ein Ineinandergreifen aller Rädchen und einen Einsatz auf allen genannten Ebenen. Die Größe bzw. die Nicht-Größe eines Schöffenrates lässt sich am Umgang mit dem Gemeinderat und insbesondere mit den Oppositionsfraktionen ausmachen. Wir meinen, dass dieser Umgang manchmal zu wünschen übriglässt. Mindestens 15 Motionen von déi gréng harren einer Behandlung in den zuständigen beratenden Kommissionen, darunter Motionen, die bereits seit Jahren darauf warten, behandelt zu werden, obwohl wir immer wieder auf diese Situation hinweisen. Es ist dies nicht die feine englische Art. Vor drei Jahren hatten wir im Rahmen der Budgetdebatten drei Motionen eingereicht, davon eine zum Thema Klimanotstand, in der wir einen Text des Klimabündnisses an die Situation in der Stadt Luxemburg angepasst hatten. Wir hatten auf das Logo von déi gréng verzichtet, um einen breiten Konsens finden zu können. Die Motion wurde jedoch bisher nicht in der zuständigen Kommission diskutiert, geschweige denn dem Gemeinderat zur Abstimmung unterbreitet. Vor drei Jahren hatten wir ebenfalls eine Motion zwecks Überarbeitung der internen Geschäftsordnung des Gemeinderates eingereicht. Die „Commission du règlement“ hat getagt und vor anderthalb Jahren, am 17. Juni 2021, eine überarbeitete Fassung genannten Reglements vorgelegt. Dieser Text wurde dem Gemeinderat bisher nicht zur Abstimmung unterbreitet. Rätin Konsbruck möchte ich sagen, dass déi gréng sich einer Diskussion über eine mögliche Einschränkung der Redezeiten nicht verschließen. Eine solche Diskussion hätte in der beratenden Kommission stattfinden können und kann nach wie vor stattfinden. Vor drei Jahren hatten wir eine Motion zur Veröffentlichung der Berichte der beratenden Kommission vorgelegt. Vor zwei Jahren wurde ein angepasster Text genannter Motion vom Gemeinderat gutgeheißen. Die Motion ist bisher nicht vom Schöffenrat umgesetzt worden. Unsere Gesellschaft steht vor großen Herausforderungen. In der Ukraine tobt ein Krieg. Wir haben eine Biodiversitäts- und Klimakrise. Die Energiepreise und die Preise anderer Konsumgüter steigen. Es gibt soziale Probleme in der Stadt Luxemburg. Wir haben ein demokratisches Defizit in Bezug auf die Repräsentativität unserer ausländischen Mitbürger im Gemeinderat. Viele Menschen finden keine bezahlbare Wohnung mehr. Es sind dies große politische Herausforderungen, die klare und vor allem auch mutige Antworten brauchen. Wir müssen jedoch feststellen, dass die Antworten des Schöffenrates auf die Herausforderungen den Ansprüchen in keiner Weise gerecht werden, weder in Bezug auf verkehrsberuhigende Maßnahmen, noch in Bezug auf Investitionen in den Wohnungsbau oder erneuerbare Energien, und auch nicht in Bezug auf Bürgerbeteiligung, auf den Ausbau von Radinfrastrukturen oder die Unterstützung der Jugend. Überall fehlt es an Visionen und klaren Konzepten, und vor allem fehlt es am nötigen Mut, solche Projekte umzusetzen – Projekte, die wir brauchen, um auch in Zukunft Lebensqualität garantieren zu können. déi gréng können den Budgetentwurf 2023 nicht mittragen. Rat Mathis PROST (DP): In der Stadt Luxemburg leben Reiche, die sich eine Wohnung leisten können. Hier leben auch arme Menschen, die sich keine Wohnung leisten können. Der vom LISER erstellte Bericht des „Observatoire social“ gibt einen Überblick über die Situation, wie sie sich in der Stadt Luxemburg darstellt. Der rund 200 Seiten starke Bericht liefert viele Informationen. Es ist bedauerlich, dass er nicht mehr thematisiert wurde. Der Bericht ist eine wichtige Informationsquelle, nicht nur für den amtierenden Schöffenrat und den Gemeinderat, sondern wird auch dem nächsten Schöffen- und Gemeinderat ein wichtiges Arbeitsinstrument sein, um seine Politik daran auszurichten. Im Bericht wird darauf hingewiesen, dass auf dem Territorium der Stadt Luxemburg 20 bis 25 Prozent der Bevölkerung unseres Landes wohnen und sich 42 Prozent der Sozialwohnungen des Landes auf dem Gebiet der Hauptstadt befinden. Sicherlich kann man entgegnen, dass diese Quote immer noch nicht ausreicht und tatsächlich zeigt der Bericht auf, dass es noch zu tun gibt, um die Zahl der Sozialwohnungen weiter zu erhöhen. Unser Sozialamt leistet eine hervorragende Arbeit, um Menschen, die in Not sind, zu unterstützen. Dem Bericht des „Observatoire social“ entnehmen wir, dass vor allem Menschen, die im Bahnhofsviertel und im Stadtteil Bonneweg leben, diese Hilfe in Anspruch nehmen. Preisgünstige Mietwohnungen auf dem Wohnungsmarkt zu finden, ist nicht leicht. Dennoch lassen die Mitarbeiter des Sozialamtes nicht locker, um Wohnungen für ihre Klienten zu finden. Die Anstrengungen, welche die Stadt Luxemburg unternimmt, um Menschen in der jetzigen Energiekrise zu helfen, sind groß. Dies geht auch aus der Studie des „Observatoire social“ hervor. Die Stadt Luxemburg hat die Teuerungszulage und die Energieprämie erhöht, ebenso die Bauprämien. Die Subsidien für die lokalen Vereinigungen wurden erhöht. Die Mieten für stadteigene Wohnungen wurden eingefroren. Die Stadt Luxemburg gewährt kleinen privaten Ensembles der darstellenden Künste finanzielle Beihilfen und unterstützt Nichtregierungsorganisationen finanziell bei der Umsetzung von Projekten in der Dritten Welt. Die sozialen Maßnahmen werden auf der Grundlage von Angaben, die auch der Bericht des „Observatoire social“ widerspiegelt, getroffen. Selbstverständlich stellt sich immer die Frage, ob die getroffenen Maßnahmen ausreichen. Die Stadt hat die bestehende Solidaritätszulage weiter erhöht, weil sie festgestellt hat, dass es in Krisenzeiten mehr Unterstützung braucht. Mit Blick auf die Zukunft, stellt sich die Frage, ob wir diesen Budgetposten nicht noch weiter erhöhen müssen,
589 DE SITZUNG VOM FREITAG, DEM 9. DEZEMBER 2022 sind es doch die Jahre, die wichtig sind, um Kinder, die aus anderen Ländern kommen, bestens in unser Schulsystem zu integrieren. Leider wurde auf nationaler Ebene die Entscheidung getroffen, dieses Angebot von der Schule in die Schulfoyers zu verlagern. Nicht alle Kinder besuchen ein Schulfoyer, sei es, weil kein Betreuungsplatz mehr frei ist oder sie zu Hause betreut werden. Konnten diese Kinder vergangenes Jahr noch von den „études dirigées“ profitieren, fallen diese nun weg, was insbesondere jenen Kindern zum Nachteil wird, deren Eltern, weil sie z.B. der deutschen Sprache nicht mächtig sind, ihren Kindern nicht bei den Hausaufgaben helfen können. Besteht eine Möglichkeit, die „études dirigées“ wieder in unseren Grundschulklassen einzuführen und zwar für alle Klassen? Will der Schöffenrat in diesem Sinne beim Bildungsminister intervenieren? Die Bilanz der DP-CSV-Majorität ist positiv. Der Schöffenrat hat gute Arbeit geleistet. Es fehlt nicht an Arbeit für die Zukunft, was denn auch gut so ist, denn gäbe es keine Arbeit, bräuchten wir nicht in diesem Gremium zu tagen. Rat Tom KRIEPS (LSAP): Zunächst möchte ich Frau Castagna und allen Mitarbeitern des Finanzdienstes für ihre Arbeit danken. Mein Dank geht auch an Rätin Camarda für ihren Budgetbericht, den sie in einem lebendigen Stil und auch mit einer humorvollen Note vorgetragen hat. Rätin Camarda ist von Beruf Tänzerin. Sie sieht die Stadt als tanzenden Körper. Ich finde diesen Vergleich originell. Rätin Camarda spricht von einem sehr dynamischen Tanz, den die Stadt mit ihren Bürgern tanze. Mit scheint jedoch, dass sich Rätin Camarda einer etwas müden Tanzgesellschaft angeschlossen hat. Müsste ich den Tanz der Stadt Luxemburg beschreiben, würde mir spontan der Linedance einfallen, eine Tanzform, bei der mehr oder weniger auf der Stelle getanzt wird. Der Tanz ließe sich auch noch mit dem „Tanzschritt“ der Echternacher Springprozession vergleichen. Rätin Konsbruck hat das Bild des Auf-der-Stelle-Tretens bereits vorgegeben, als sie darauf hingewiesen hat, dass die Diskussionen seit Jahren um die gleichen Themen drehen. „Und täglich grüßt das Murmeltier“: Man wird morgens mit einem Song von Sonny & Cher wach und Frau Polfer ist erneut Bürgermeisterin der Stadt Luxemburg – vorausgesetzt, ihre Partei kürt sie erneut als Spitzenkandidatin und sie erhält vom Wähler die meisten Stimmen. So wie die Linken in Frankreich von einer „génération Mitterand“ sprachen, ließe sich dann in der Stadt Luxemburg von einer „génération Polfer“ sprechen. Auch wenn meine Bemerkung spaßig klingt, ist etwas Wahres dran: Wir drehen uns ein bißchen im Kreis. Als ich 16 Jahre alt war, hat Frau Polfer ihr erstes Mandat als Bürgermeisterin der Stadt Luxemburg angetreten. Nun bin ich 57 Jahre alt und Frau Polfer ist noch immer Bürgermeisterin, wenn auch mit Unterbrechungen. Das ist eine lange Zeit – die für meine Partei nicht unbedingt ruhmreich war, da wir es in all den Jahren nicht geschafft haben, den Status einer Majoritätsfraktion im Gemeinderat zu erlangen. Von den bisherigen Beiträgen der DP-CSV-Majorität hat mir die mutige Rede von Rätin Konsbruck besonders gut gefallen. Das hat mich an Reden von amerikanischen Senatoren erinnert, die beschlossen haben, ihre politische Laufbahn zu beenden, und dies mit einem rhetorischen Paukenschlag tun – wissend, dass sie sich dem Wähler nicht mehr zu stellen brauchen. Auch Herr Prost hat Aussagen gemacht, die mir gut gefallen haben. Als ich ein Kind war, gab es in der Stadt Luxemburg zwei Schwimmbäder. In der Zwischenzeit hat sich die Bevölkerung der Stadt verdoppelt. Wir haben immer noch zwei Schwimmbäder und auch nur eine Eislaufbahn. Im Bahnhofsviertel gab es mehrere Kinos, die heute alle verschwunden sind. Das Bild eines Tanzes mit einem Schritt nach vorne und einem Schritt nach hinten, ist demnach treffend. In der Politik der Stadt Luxemburg wird viel auf wobei diese finanzielle Unterstützung stets auch unter Berücksichtigung der Entwicklung der Situation betrachtet werden muss. Die Diskrepanz zwischen Arm und Reich in der Stadt Luxemburg ist Fakt. Viele Menschen, die in der Stadt Luxemburg leben, haben Schwierigkeiten, bis zum Monatsende finanziell über die Runden zu kommen, weshalb sich die Frage stellt, ob die im Budget eingeschriebenen Gelder nicht noch weiter erhöht werden könnten. Jedes Jahr unterstützt die Stadt Luxemburg Projekte von Nichtregierungsorganisationen, welche Projekte in der Dritten Welt umsetzen. Für das Jahr 2022 wurde das Thema „Améliorer la situation de la femme dans la société“ zurückbehaltenen. Für das kommende Jahr wurde das Thema „Sécurité et souveraineté alimentaire“ ausgesucht. Für 2022 stand ein Budget von 450.000 € zur Verfügung. Bei den Diskussionen, die wir in der Kommission geführt haben, hat sich herausgestellt, dass dieser Betrag, obwohl er im Vergleich zum Vorjahr erhöht wurde, nicht ausreicht. Für 2022 waren 40 Anträge auf finanzielle Unterstützung eingegangen, wobei sich der Gesamtbetrag der eingegangenen Projekte auf 832.000 Euro belaufen hat. Die eingegangenen Projekte wurden unter dem Blickwinkel der Einhaltung des vorgegebenen Themas geprüft. Dabei gibt es immer wieder Projekte, die nicht zu 100 % dem vorgegebenen Thema entsprechen, die Vereinigung jedoch trotzdem eine wertvolle Arbeit leistet. Vor diesem Hintergrund erlaube ich mir, den Schöffenrat zu bitten, das Budget für Nichtregierungsorganisationen erneut zu überprüfen, damit wir alle eingegangenen Projekte, die den Kriterien entsprechen, finanziell unterstützen können. Das Sozialbudget der Stadt Luxemburg wurde im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Auch wenn ich keine Glaskugel habe, ist zu befürchten, dass die Not vieler Menschen weiter zunehmen wird und sehr viel Arbeit auf uns zukommt, was selbstverständlich nicht bedeutet, dass keine gute Arbeit geleistet worden wäre. Fakt ist nun einmal, dass wir einer Entwicklung manchmal hinterherlaufen, auf die wir reagieren können, der wir jedoch auch vielleicht vorgreifen müssen. Die geleistete Arbeit verdient ein großes Lob. In den vergangenen Jahren wurde viel und gute Arbeit geleistet. Der Bericht des „Observatoire social“ weist auf Problemzonen in verschiedenen Stadtteilen hin. Mit baulichen Maßnahmen und urbanistischer Gestaltung ließe sich hier gegensteuern. Die Rue de Strasbourg wurde neugestaltet, was zu einer allgemeinen Belebung und auch zu einer Belebung der dort angesiedelten Geschäfte, Cafés und Restaurants geführt hat. Dieses Konzept lässt sich auch auf andere Straßen übertragen. Daher mein Appell an den amtierenden Schöffenrat, aber auch an den nachfolgenden Schöffenrat, weitere solche Projekte vorzusehen. Ich war lange Jahre Präsident der Jugendkommission. Ein Projekt, das mir sehr am Herzen liegt, ist die Renovierung des früheren Pfarrhauses in Gasperich, um es als Jugendhaus nutzen zu können. Im Budget sind hierfür 50.000 Euro eingeschrieben. Momentan sind die Jugendlichen, die sich im Rahmen der Aktivitäten des Jugendhauses Gasperich treffen, auf drei Standorte verteilt. Selbst wenn dies momentan kein Problem darzustellen scheint, wäre es zu begrüßen, wenn alle Aktivitäten des Jugendhauses in ein und demselben Gebäude stattfinden könnten. Projekte wie die Renaturierung der Peitruss und der neue Park im „Ban de Gasperich“ tragen ebenfalls zur Verschönerung und Belebung unserer Stadt bei. Wann sollen die Arbeiten in der neuen Parkanlage in Gasperich abgeschlossen sein? Wann wird die Brasserie im Park ihre Türen öffnen können? Während des Schuljahres 2021/2022 wurden für die Klassen der Schulzyklen 3 und 4 „études dirigées“ angeboten. Damals war der Wunsch geäußert worden, die „études dirigées“ auf die Klassen des Schulzyklus 2 ausdehnen zu können,
590 DE SITZUNG VOM FREITAG, DEM 9. DEZEMBER 2022 der Stelle getreten. Es ist dies auch die Hauptkritik am Budgetentwurf 2023. Ich teile jedoch auch die Meinung von Rat Benoy, dass am Budget nicht alles falsch ist. Der Finanzdienst leistet gute Arbeit. Wir haben es mit einem guten Verwaltungsbudget zu tun. Rat Prost hat zurecht darauf hingewiesen, dass es sich um ein reaktives Budget handelt, das gut auf die Pandemie und die Energiekrise reagiert hat. Reaktives Handeln bedeutet aber auch, dass wir der Musik hinterherlaufen. Das Budget wird aufgestellt von Mitarbeitern des Finanzdienstes, die ihr Metier kennen. Die verschiedenen Mitglieder des Schöffenrates melden ihre Wünsche an, woraufhin der Finanzdienst Berechnungen vornimmt. Daraus geht ein Budget hervor, welches verwaltungstechnisch betrachtet gut ist, bei dem wir es jedoch nicht mit einem politischen Budget zu tun haben. Das Budget wird vom Finanzdienst mit einer guten Voraussicht so aufgestellt, dass „der Betrieb dreht“ (Lohnzahlungen, Subventionen...). Es ist kein politisches Budget mit Aussagen wie: „Wir bräuchten vielleicht noch ein Freibad“ oder „Wir sollten das Projekt eines Leichtathletikstadions seriös angehen“. Von Jahr zu Jahr werden wir vertröstet und hören, dass da noch was komme, was aber seine Zeit brauche. Dagegen ist nichts einzuwenden, doch irgendwann müssen die Projekte angegangen werden. Wie lange mussten wir warten, bis auch die Öffentlichkeit Zugang zum Schwimmbad in der Rue d’Ostende erhielt? Monate hat es gedauert, bis es soweit war! Man würde sich wünschen, dass Dinge schneller vorangehen. Ganz allgemein gilt, dass die Zeit drängt. Die Bevölkerung der Stadt Luxemburg steuert auf 130.000 Einwohner zu. Ich gehöre nicht zu jenen, die meinen, dass zu viele Menschen in der Hauptstadt leben. Meine Partei glaubt daran, dass Wachstum für eine Gesellschaft wichtig ist. Die zugezogenen Bürger bereichern unsere Stadt, nicht nur weil sie Steuern zahlen, sondern weil sie andere Kulturen in unsere Gesellschaft hineintragen. Im Rahmen der etwas angeregteren Diskussion, die wir am Ende der Sitzung vom 5. Dezember über die von déi Lénk eingereichte Motion geführt haben, meinte Bürgermeisterin Polfer, dass wir alle an einem Strang ziehen müssen. Ich teile diese Meinung, denn die Zahlen sind nicht zufriedenstellend. Wir stellen fest, dass die Zahl der ausländischen Mitbürger, die sich in die Wählerlisten der Stadt Luxemburg einschreiben, stagniert. Hier müssen wir alle, parteiunabhängig, an einem Strang ziehen, ohne allein im Sinn zu haben, welcher Partei unsere Bemühungen die meisten Stimmen bringen werden. Die Zusammensetzung des Gemeinderates spiegelt nicht den Ausländeranteil an der Bevölkerung unserer Stadt wider. Von 27 Ratsmitgliedern haben lediglich zwei Mitglieder neben dem luxemburgischen auch noch einen ausländischen Pass. Es ist wichtig, unsere ausländischen Mitbürger zu motivieren, sich nicht nur in die Wählerlisten einzutragen, sondern darüber hinaus auch für die Kommunalwahlen zu kandidieren. Neue Ideen bringen neue Impulse, können Politik voranbringen. Unbedingt voranbringen müssen wir den Wohnungsbau. Die Zahlen sind nicht toll. Als ich Mitglied des Gemeinderates wurde, zählte die Stadt Luxemburg etwa 500 Sozialwohnungen. Nun zählt sind es etwas mehr als 700 Sozialwohnungen, also 200 mehr in einem Zeitraum von 12 Jahren, was gemessen am Bevölkerungswachstum nicht viel ist. Finanzschöffe Mosar wird nicht müde auf die Wichtigkeit des Finanzsektors für unser Land und für die Stadt Luxemburg hinzuweisen. Geldinstitute brauchen Mitarbeiter. Wir müssen jedoch feststellen, dass junge Familien mit Kindern aus der Stadt wegziehen müssen, weil sie hier keine Wohnung finden, die sie sich leisten können, obwohl sie gerne in der Stadt wohnen bleiben würden. Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Stadt kann darunter leiden, auch wenn wir nach wie vor ein zentraler Hub für Finanzinstitute sind und hoffentlich bleiben werden. Ein „Auf der Stelle treten“ ist auch im Bereich Sicherheit festzustellen. Die DP-CSV-Majorität ist stets bemüht, nach außen das Bild einer Koalition abzugeben, die sich um die Sicherheit der Bürger sorgt, und andere Parteien so darzustellen, als ob sie Kriminelle laufen ließen. Diese Debatte wird seit Jahrzehnten geführt und es sind immer noch Mitglieder der gleichen Partei, die solche Gehässigkeiten verbreiten. Weder der alte noch der neue Gesetzestext lassen zu, dass private Sicherheitsfirmen die öffentliche Ordnung aufrechterhalten können. Niemand soll mir erzählen, bei den Patrouillen der Mitarbeiter der Sicherheitsfirmen gehe es um Objektschutz. Ja, das Bahnhofsviertel braucht mehr Sicherheit, und dies zu gewährleisten liegt in der Verantwortung der Polizei. Was das Bahnhofsviertel aber vor allem braucht, sind Aktivitäten bzw. Strukturen und Institutionen, die Besucher anlocken. Der Weihnachtsmarkt am Place de Paris ist hierfür ein gutes Beispiel. Das Bahnhofsviertel braucht Restaurants und Cafés, wo Menschen abends hingehen. Durch eine Belebung des Viertels werden ungebetene Gäste verdrängt. Schöffe Wilmes hat mir einmal entgegnet, dass die Stadt Luxemburg nicht da sei, um Kinos zu bauen. Mag sein, doch für die Einrichtung einer Mediathek im Viertel könnte sie sehr wohl sorgen. Die Stadt Metz, die weniger Einwohner als die Stadt Luxemburg hat, zählt vier Mediatheken. Solche Institutionen bringen Leben, „anständiges Leben“ in ein Viertel. Das Bahnhofsviertel war ein Viertel mit vielen Kinos. Heute gibt es dort kein einziges Kino mehr, was sehr bedauerlich ist. Statt repressiv zu handeln und Männer mit schwarzen Uniformen und Hunden patrouillieren zu lassen, sollte die Stadt Luxemburg für eine positive Belebung des Viertels sorgen. Die LSAP-Fraktion hatte große Erwartungen in den unter dem vorangegangenen Schöffenrat eingeführten Bürgerhaushalt. Sogar Städte in Ländern, in denen man es nicht erwartet hätte, z.B. in Warschau, haben ein partizipatives Budget. So können Bürger die positive Erfahrung machen, dass, wenn sie sich in das politische Geschehen einbringen, ihre Wünsche und Vorstellungen auch umgesetzt werden. Alle sprechen vom Projekt „Ganztagsschule“, doch es wird nichts unternommen. Es wird vorgeschoben, dass nicht genügend Schüler die öffentliche Schule der Stadt Luxemburg besuchen würden. Es ist bedauerlich, dass nicht mehr Kinder in unsere öffentliche Schule gehen, denn hier wird eine hervorragende Arbeit geleistet. Den Akteuren vor Ort gebührt eine große Anerkennung für ihre Arbeit. Unsere öffentliche Schule kann nicht das gleiche Angebot wie verschiedene Privatschulen bieten. Auch in Sachen Ganztagsschule laufen wir der Musik hinterher, statt den nötigen Mut für die Umsetzung eines solchen Projektes aufzubringen. Es liegt mir fern, Schöffin Mart oder den Leiter des „Service Enseignement“ die Schuld hierfür in die Schuhe zu schieben. Meine Absicht ist es nicht, den Schöffenrat mit faulen Eiern zu bewerfen. Ich sitze zu lange Jahre in diesem Gemeinderat, als dass ich das noch tun würde. Mir ist an einem Vorankommen meiner Stadt gelegen und ich will hierzu einen konstruktiven Beitrag leisten. Ich kann jedoch nicht hingehen und ein Budget unterstützen, das wir als Verwaltungsbudget identifizieren, in dem jedoch keine politischen Ideen zu finden sind. Ob ich im kommenden Jahr noch eine Budgetrede halten kann, darüber entscheidet auch der Wählerwille. Zum einen hoffe ich es, zum anderen möchte ich möglicherweise auch aus dieser Blase ausbrechen. Als ich heute morgen die von Bürgermeisterin Polfer als „fake news“ bezeichnete Nachricht gelesen habe, war mein erster Gedanke: Da ist jemand mutig, weil sie das Bürgermeisteramt für weitere sechs Jahre bekleiden will. Dazu gehört eine gute Portion politischer Mut. Ich für meinen Teil wünsche mir manchmal, aus dieser „Sonny&Cher-Blase“ herauszukommen. „We are all standing on shoulders of giants“: Was die Begrünung der Stadtteile angeht, stehen wir auf den Schultern unserer Vorfahren, wenn auch wackelig. In der Geschichte
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